AuF-Schiedsordnung

Schiedsordnung des Schiedsgerichts der Anwaltunion
[Stand: 01.10. 2007]

I. Grundlagen

1. Diese Schiedsordnung der Anwaltunion gilt für alle Streitigkeiten, die gemäß Vereinbarung der Vertragsparteien
• unter Ausschluß des ordentlichen Rechtsweges
• während eines ruhenden oder ausgesetzten gerichtlichen Verfahrens (§§ 251, 278 V ZPO)
• zur gesonderten Klärung einzelner Streitfragen
entschieden werden sollen.

2. Das Schiedsgericht der Anwaltunion entscheidet ausschließlich über schiedsfähige erb- und familienrechtliche Streitigkeiten, auch bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten mit erb- bzw. familienrechtlichen Bezügen.

3. Das Schiedsgericht entscheidet das Schiedsverfahren durch einen oder drei Schiedsrichter. Der Vorstand des Fachbereichs Erbrecht bzw. Familienrecht der Anwaltunion bestimmt sodann das für den jeweiligen Streitfall gemäß nachstehender Ziffer I. 4. örtlich zuständige richterliche Mitglied des Schiedsgerichts unter Beachtung der Vorschläge der Parteien und ihrer Anwälte, um jegliche mögliche Interessenkollisionen zu vermeiden, und um die Erfahrungen einer langjährigen richterlichen Praxis zu nutzen. Im übrigen benennt jeder der beiden beteiligten Rechtsanwälte der Parteien ein Mitglied der Anwaltunion zum Schiedsrichter. Lehnt ein Mitglied der Anwaltunion dieses Amt ab, wird ein anderes Mitglied bestimmt. Die drei Schiedsrichter einigen sich sodann, wer in dem betreffenden Schiedgericht den Vorsitz führt.

4. Das Schiedsverfahren wird in demjenigen Oberlandesgerichtsbezirk geführt, der in zweiter Instanz für die Entscheidung der betreffenden Rechtssache zuständig wäre. Zuständigkeitsstreitigkeiten sind vor Bildung des Schiedsgerichts durch den Vorstand des Fachbereichs Erbrecht bzw. Familienrecht der Anwaltunion zu entscheiden. Auf übereinstimmenden Antrag beider Parteien kann das Schiedsgericht auch einen anderen Verhandlungsort bestimmen.

5. Das Schiedsgericht nimmt die ihm übertragene Aufgabe nach bestem Wissen und Gewissen unparteiisch wahr. Alle Schiedsrichter sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

6. Das Schiedsgericht kann einen Antrag als für die Durchführung des Schiedsverfahrens ungeeignet erklären; insoweit entscheidet das Schiedsgericht nach Anhörung der Parteien spätestens im ersten Termin. Mit Zugang dieser Entscheidung an beide Parteien - maßgebend ist der letzte Zugang - endet die auf dem Schiedsverfahren beruhende Hemmung der Verjährung.

II. Einleitung des Schiedsverfahrens

1. Das Schiedsgericht der Anwaltunion kann nur angerufen werden, wenn beide Parteien und ihre anwaltlichen Vertreter die Durchführung eines Schiedsverfahren beim Schiedsgericht der Anwaltunion vereinbaren und die entsprechende Schiedsvereinbarung sowie die Schiedsordnung, jeweils auf Vordruck, unterzeichnen. Eine Partei ohne anwaltliche Vertretung kann kein Schiedsverfahren einleiten.

2. Mit Eingang der unterzeichneten Schiedsvereinbarung sowie der unterzeichneten Schiedsordnung in der Geschäftsstelle Regensburg der Anwaltunion und Eingang des in der Schiedsvereinbarung festgelegten Kostenvorschusses beginnt das Schiedsverfahren.

3. Der Vorsitzende des Schiedsgerichts registriert den Eingang auf Einleitung des Schiedsverfahrens und übernimmt sodann die vorbereitende Bearbeitung der Schiedssache. Die Geschäftsstelle des Schiedsgerichts teilt den Parteien und ihren Anwälten den Beginn des Schiedsverfahrens mit Einwurf-Einschreiben mit.

4. Mit Zustellung dieser Mitteilung an alle Beteiligten wird die Verjährung aller Ansprüche, die nach den Erklärungen im Schiedsvertrag Gegenstand des Schiedsverfahrens sein sollen, gehemmt (§ 204 Nr. 11 BGB).

5. Beide Parteien können übereinstimmend beantragen, Streitigkeiten über einen Verfahrensgegenstand bis zu 50.000 € einem jeweils einvernehmlich zu benennenden Mitglied des Schiedsgerichts als Einzelrichter zu übertragen.

III. Verfahrensordnung

1. Für das Schiedsverfahren sind die Vorschriften des schiedsrichterlichen Verfahrens der Zivilprozessordnung (§§ 1025 ff ZPO) maßgebend. Im übrigen ist das Schiedsverfahren nach deutschem Recht zu führen, soweit nicht im folgenden abweichende Bestimmungen getroffen sind. Ausschließliche Verfahrenssprache des Schiedsverfahrens ist daher deutsch.

2. Das Schiedsverfahren ist nicht öffentlich. Stimmen alle Beteiligten (Parteien, ihre Anwälte sowie die Schiedsrichter) zu, dann kann nicht am Schiedsverfahren Beteiligten die - auch zeitweise - Anwesenheit gestattet werden. Auch im Verlauf eines Schiedsverfahren besteht für beide Parteien Anwaltspflicht.

3. Die Parteien sind verpflichtet, aktiv an einem schnellen Verlauf des Schiedsverfahrens mitzuwirken, insbesondere alle vom Schiedsgericht angeforderten Dokumente fristgemäß vorzulegen.

4. Alle Erklärungen der Parteien oder ihrer Vertreter sowie alle Erklärungen und Mitteilungen des Schiedsgerichts sollen förmlich per Einwurf-Einschreiben übermittelt werden. Die Wirksamkeit schriftlicher Erklärungen, die einvernehmlich auf anderem Wege übermittelt wurden, bleibt unberührt. Alle Schriftsätze einschließlich Anlagen sind in ausreichender Anzahl (bei Entscheidung durch den Einzelrichter in 3-facher Ausfertigung, ansonsten in 5-facher Ausfertigung) für alle am Schiedsverfahren Beteiligten an die Geschäftsstelle des Schiedsgerichts zu übersenden.

5. Das Schiedsgericht entscheidet in der Regel auf Grund mündlicher Verhandlung. Es bestimmt daher regelmäßig einen Termin zur mündlichen Verhandlung unter Ladung der Beteiligten des Schiedsverfahrens. Auf Antrag beider Parteien oder mit deren Zustimmung kann im schriftlichen Verfahren entschieden werden; § 128 II ZPO gilt entsprechend. Für den Abschluss eines schiedsgerichtlichen Vergleichs im schriftlichen Verfahren gilt § 278 VI ZPO entsprechend.

6. Über die mündliche Verhandlung einschließlich der Beweisaufnahme wird ein vereinfachtes Protokoll geführt. In diesem sind die Anträge der Parteien und - soweit dies nach dem Ermessen des Schiedsgerichts erforderlich ist - die wesentlichen Ergebnisse der Beweisaufnahme festzuhalten.
Endet das Schiedsverfahren mit einer rechtswirksamen, endgültig streitbeendenden Vereinbarung, dann enthält das Protokoll nur die notwendigen förmlichen Feststellungen sowie den Schiedsvergleich mit dem vereinbarten Wortlaut.

7. Das Schiedsgericht ist an die Beweisanträge der Parteien nicht gebunden.

8. Die Entscheidung des Schiedsgerichts ergeht schriftlich. Sie ist zu begründen, wenn die Parteien hierauf nicht - soweit gesetzlich zulässig - verzichten.

9. Ist zwischen den Parteien bereits ein Gerichtsverfahren rechtshängig, ist der im Schiedsverfahren vereinbarte Vergleich zusätzlich als gerichtlicher Vergleich nach § 278 VI ZPO abzuschließen. Ist ein Schiedsspruch ergangen, ist im gerichtlichen Verfahren die anhängige Klage entweder zurückzunehmen oder die Hauptsache übereinstimmend für erledigt zu erklären. Kostenanträge dürfen in beiden Fällen nicht gestellt werden.

V. Beendigung des Schiedsverfahrens

1. Die Parteien können jederzeit übereinstimmend beantragen das Schiedsverfahren zu beenden. Das Schiedsgericht stellt die Beendigung des Schiedsverfahrens durch Beschluß fest. Die Kosten des Schiedsverfahrens werden ohne nähere Prüfung der Sach- und Rechtslage gegeneinander aufgehoben.

2. Nach Abschluss des Verfahrens teilt das Schiedsgericht der Geschäftsstelle der Anwaltunion das Datum der Einleitung des Verfahrens sowie das Datum und die Art des Abschlusses des Verfahrens und den Gegenstandswert mit.

3. Mit Zustellung des Schiedsspruchs an die Parteien und an ihre anwaltlichen Vertreter - maßgebend ist der letzte Zugang - ist das Schiedsverfahren beendet. Das Schiedsgericht gewahrt die Schiedsakten mit dem Schiedsspruch fünf Jahre lang auf. Diese Frist beginnt mit der Zustellung des Schiedsspruchs an die Parteien.

VI. Kosten des Schiedsverfahrens

1. Nach Einleitung des Schiedsverfahrens und während dessen Fortsetzung sind auf Verlangen des Schiedsgerichts Vorschüsse zu leisten. Das Schiedsgericht kann den Fortgang des Verfahrens von der Zahlung angemessener Vorschüsse abhängig machen. Solange Vorschüsse vom Schiedsgericht angefordert, aber nicht geleistet sind, ruht das Schiedsverfahren in aller Regel. Es bleibt dem Schiedsgericht jedoch unbenommen, das Verfahren dennoch auch ohne Zustimmung der Parteien fortzusetzen.

2. Die Parteien des Schiedsverfahrens haften für die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner. Sie haben die angeforderten Vorschüsse hälftig zu leisten, wenn und soweit nichts anderes vereinbart ist. Der Umfang der Vorschußzahlungen richtet sich inbesondere nach den voraussichtlich anfallenden Auslagen der Schiedsrichter und des Verfahrens einschließlich der Vernehmung von Zeugen und Kosten für Sachverständige sowie weitere erforderliche Kosten.

3. Vor Einholung von Sachverständigen-Gutachten im Rahmen des Schiedsverfahrens ist ein vom Sachverständigen angeforderter Vorschuss zu leisten. Bei Vernehmung von Zeugen kann die beweispflichtige Partei dem Schiedsgericht eine Erklärung übersenden, dass keine Zeugengebühren geltend gemacht werden.

4. Das Schiedsgericht entscheidet über die Kosten und Auslagen (etwa Fahrt- und Übernachtungskosten der Schiedsrichter) des Schiedsverfahrens einschließlich der Kosten eines bereits rechtshängigen Gerichtsverfahrens. Diese Entscheidung regelt, welche Partei die Kosten und Auslagen des Schiedsverfahrens zu welchen Anteilen zu tragen hat, jeweils zuzüglich gesetzlicher, jeweils gültiger Mehrwertsteuer.

5. Zunächst setzt das Schiedsgericht den endgültigen Verfahrenswert gemäß den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung (ZPO) fest. Der Mindestwert des Schiedsverfahrens beträgt ausnahmslos 5.000 €.

6. Wird die Durchführung eines Schiedsverfahrens ohne mündliche Verhandlung abgelehnt, fällt hierfür keine Schiedsgerichtsgebühr an. Hat eine mündliche Verhandlung stattgefunden, dann wird eine Schiedsgerichtsgebühr erhoben. Die Entschädigung für die Schiedsrichter bleibt unberührt.

VII. Vergütung für das Schiedsgericht

1. Die Geschäftsstelle der Anwaltunion erhält für die Vorbereitung des Schiedsverfahrens eine einmalige Bearbeitungsgebühr in Höhe von 150 € zuzüglich Mehrwertsteuer nach dem jeweils gültigen Satz, fällig mit Eingang der unterzeichneten Schiedsvereinbarung und der unterzeichneten Schiedsordnung.

2. Die Schiedsrichter erhalten eine Vergütung entsprechend den Bestimmungen des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes. Für jeden Schiedsrichter fallen 2 Gebühren an. Wird das Schiedsverfahren durch Vergleich beendet, ermäßigen sich die Gebühren auf 1,5 je Schiedsrichter. Die Parteien können mit dem Schiedsgericht eine abweichende Vergütungsvereinbarung treffen.