Familienrecht 2006 in Würzburg

Mitgliederversammlung des Fachbereichs Familienrecht 2006 in Würzburg

Die Referate zweier besonders namhafter Juristen bildeten den Höhepunkt der diesjährigen Mitgliederversammlung der AuF Anwaltunion Fachanwälte e.V. (Fachbereich Familienrecht) in Würzburg: Prof. Dr. Uwe Diederichsen referierte über das Thema »Das Denken in Rechtsprinzipien im Recht des nachehelichen Unterhalts«; Bundesrichter Hans Joachim Dose ((Familiensenat des BGH) über »Die Wandelbarkeit der ehelichen Lebensverhältnisse«.

Prof. Dr. Diederichsen stellte eindrucksvoll dar, dass zwar rechtsethische Grundprinzipien für das nacheheliche Unterhaltsrecht in Anspruch genommen werden wie die nacheheliche Solidarität, sie aber letztlich in der Rechtsprechung nicht in Erscheinung treten. Daneben werden Grundprinzipien vorgestellt, die es nicht sind. Als Beispiel für ein in der Judikatur immer wieder in Anspruch genommenes und dann doch nicht durchgeführtes Prinzip nannte er das angebliche Prinzip der Halbteilung. Der Referent machte dabei darauf aufmerksam, dass ein solches Prinzip auch nicht im Gesetz steht und daraus auch nicht abgeleitet werden kann. Es kommt hinzu, dass die Rechtsprechung die Halbteilung auch nicht praktiziert, was die Unterhaltsquoten von 3/7, die Einkommensquote von 9/10 und schließlich die Methode der konkreten Unterhaltsberechnung zeigen. Die geringe Prinzipienfestigkeit der deutschen Justiz führte Diederichsen an zahlreichen weiteren Beispielen vor. Dem stellte er das englische Recht gegenüber, das insofern ehrlicher ist, weil es sich nicht auf Rechtsprinzipien beruft, sondern pragmatisch entscheidet.

RiBGH Dose schilderte eindrucksvoll die Gründe, die den BGH beim nachehelichen Unterhalt veranlasst haben, das Stichtagsprinzip zu relativieren und von den verfestigten ehelichen Lebensverhältnissen und der Lebensstandardgarantie Abschied zu nehmen um sich den wandelbaren ehelichen Lebensverhältnissen zuzuwenden. Dies hat dazu geführt, den Lebensbedarf in entsprechenden Fällen nach unten anzupassen anstatt solche Fälle über die Leistungsfähigkeit abzuwickeln. Wie Dose ausdrücklich erwähnte, bleiben die ehelichen Lebensverhältnisse auch in Zukunft grundsätzlich nach oben begrenzt, nicht aber mehr nach unten. In der Diskussion ging Dose auch auf die Rechtsprechung des BGH und der Instanzgerichte zur so genannten Doppelverwertung im Zugewinnausgleich und Unterhalt ein, wobei sich wieder einmal deutlich die dazu noch nicht ganz ausgeleuchtete Dimension dieser Problematik zeigte. Auch die zugewinnausgleichrechtliche Beurteilung von Belastungen, die – wie ein Leibgeding, aber auch ein Wohnrecht – durch Zeitablauf geringer werden, wurde vertieft diskutiert.

Die außerordentlich lebhafte Diskussion mit vielfachen Hinweisen auf die praktischen Auswirkungen der in den Referaten vertretenen Ansichten war von gleich hohem Niveau wie die beiden Referate, was den die Veranstaltung moderierenden Rechtsanwalt Dr. Ludwig Bergschneider unter dem Beifall der Teilnehmer veranlasste, die Veranstaltung als juristische Sternstunde zu bezeichnen.

(Bericht: Dr. Ludwig Bergschneider)