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Familienrecht - Reform des Unterhaltsrechts: Neues Unterhaltsrecht 2008
Das Unterhaltsänderungsgesetz will das Unterhaltsrecht an geänderte gesellschaftliche Verhältnisse und an einen seit der fundamentalen Eherechtsreform von 1976/77 eingetretenen Wertewandel anpassen.
Kernstück der Reform ist die Neuregelung des Rangs von Unterhaltsgläubigern, des Betreuungsunterhalts für Kinder sowie der Begrenzung des bislang in aller Regel auf Lebenszeit angelegten nachehelichen Unterhalts.
Alle minderjährigen und die in allgemeiner Schulausbildung befindlichen volljährigen Kinder bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, egal aus welcher Beziehung sie stammen, haben dann absoluten Vorrang vor allen anderen Unterhalt begehrenden Erwachsenen. Auch der Unterhalt für alle Elternteile, die Kinder betreuen, soll begrenzt werden. Die Rangregelung ist nur dann von Bedeutung, wenn der Unterhaltspflichtige nicht über ausreichende Mittel verfügt, allen seinen Unterhaltslasten insgesamt nachzukommen. Die Ansprüche von minderjährigen und ihnen nach § 1603 BGB gleichgestellten volljährigen Kindern sind nunmehr bei der Unterhaltsbemessung vorrangig (1. Rang). Sodann folgen im zweiten Rang alle Mütter, die Kinder betreuen, egal, ob sie mit dem Vater des Kindes verheiratet sind/waren oder nicht, daneben geschiedene Ehefrauen aus einer Ehe von langer Dauer, wenn sie ehebedingte Nachteile nachweisen können. Ehepartner ohne Kinder oder nach kurzer Dauer der Ehe stehen im dritten Rang.
Allerdings sieht das Gesetz auch insoweit – wie im Unterhaltsrecht generell - eine Billigkeitsklausel vor: Hat die Ehefrau ihr Leben vor allem der Kindererziehung bzw Haushaltsführung gewidmet, dadurch berufsbedingte Nachteile erlitten und sich fest auf die Sicherheit ihrer Ehe verlassen, kann ihr ein längerer Unterhaltsanspruch zuzusprechen sein.
Die Reform zwingt nunmehr alle Unterhaltsberechtigten, nach der Trennung/Scheidung zügig wieder eine Erwerbstätigkeit anzunehmen und selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen (Grundsatz der Eigenverantwortung auch nach Trennung/Scheidung). Die Unterhaltsdauer soll daher grundsätzlich befristet werden.
Zur Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts
(BGH, Urteile vom 26. September 2007)Der für Familiensachen zuständige Senat des Bundesgerichtshofes hatte sich in zwei Verfahren erneut mit der Frage zu befassen, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf nachehelichen Aufstockungsunterhalt nach § 1573 Abs. 2 BGB zeitlich befristet werden darf.
1. Verfahren XII ZR 11/05
Die beide im Jahre 1960 geborenen Parteien hatten 1982 die Ehe geschlossen. Aus ihrer Ehe sind zwei 1982 und 1984 geborene Kinder hervorgegangen. 2001 trennten sich die Ehegatten; ihre Ehe wurde 2004 geschieden. Während ihrer Ehezeit in der früheren DDR gingen beide Parteien einer Vollzeiterwerbstätigkeit nach. Die Ehefrau verdiente als Bauingenieurin monatlich 690 Mark, während der Ehemann in herausgehobener Stellung monatlich rund 1.000 Mark erhielt. Seit 1992 war die Ehefrau zunächst bei verschiedenen Arbeitgebern, zeitweise nur in Teilzeit, und später selbständig als Bauingenieurin tätig. Inzwischen ist sie im öffentlichen Dienst beschäftigt und erzielt ein Nettoeinkommen von rund 1.400 €. Der Ehemann verfügt als Geschäftsführer über monatliche Einkünfte in Höhe von rund 4.850 €. Das Amtsgericht hat den Ehemann zur Zahlung eines monatlichen Aufstockungsunterhalts in Höhe von 1.116 € verurteilt. Das Oberlandesgericht Brandenburg hat die Berufung des Ehemannes, mit der er eine Befristung des Unterhaltsanspruchs auf die Zeit bis März 2006 begehrte, zurückgewiesen.
Auf die – vom Oberlandesgericht zugelassene – Revision des Ehemannes hat der Bundesgerichtshof die Entscheidung des Oberlandesgerichts aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen. Nach der neueren Rechtsprechung des Senats durfte das Oberlandesgericht nicht allein wegen der Dauer der Ehe von mehr als 20 Jahren von einer Befristung des Unterhaltsanspruchs absehen. Es hätte statt dessen prüfen müssen, ob auch jetzt, z.B. infolge der Haushaltstätigkeit und Kindererziehung, noch ehebedingte Nachteile vorliegen. Ist das nicht der Fall, und erzielt die Ehefrau eigene Einkünfte, die sie auch ohne die Ehe erzielen würde, kann es ihr nach einer Übergangszeit zumutbar sein, auf den – höheren – Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den sie aus ihren eigenen Einkünften erreichen kann. Das Oberlandesgericht wird deswegen - so der Bundesgerichtshof - zu prüfen haben, ob die Ehefrau ohne die Einschränkung ihrer Erwerbstätigkeit während der Ehe heute ein höheres Einkommen erzielen würde. Dabei wird auch zu berücksichtigen sein, dass beide Ehegatten während der ersten Hälfte ihrer Ehe voll erwerbstätig waren, und die Kinder anderweit betreut wurden.
2. Verfahren XII ZR 15/05
Die 1961 bzw. 1962 geborenen Parteien hatten im Jahre 1982 die Ehe geschlossen, die kinderlos blieb. Nach der Trennung im Jahre 2002 wurde die Ehe 2004 geschieden. Der Ehemann erzielt als Zerspanungsmechaniker ein unterhaltsrelevantes Nettoeinkommen von monatlich rund 1.500 €. Die Ehefrau hat während der Ehezeit ihren schwer erkrankten Vater gepflegt und war daneben halbschichtig berufstätig. Seit 2003 arbeitet sie vollschichtig als Kassiererin und erzielt ein unterhaltsrelevantes Monateinkommen von rund 1.000 €. Während der Ehezeit hatte die Ehefrau im Wege der vorweggenommenen Erbfolge ein Hausgrundstück im Wert von rund 133.000 € erhalten; mit Rechtskraft der Ehescheidung erhielt sie außerdem einen Zugewinnausgleich in Höhe von 60.000 €. Das Amtsgericht hat den Ehemann zur Zahlung eines monatlichen Aufstockungsunterhalts in Höhe von 164 € verurteilt. Auf die Berufung des Ehemannes hat das Oberlandesgericht Hamm die Unterhaltspflicht auf die Zeit bis Juli 2011 befristet. Dagegen richtet sich die – vom Oberlandesgericht zugelassene – Revision der Ehefrau.
Der Bundesgerichtshof hat die gegen dieses Urteil eingelegte Revision der Ehefrau zurückgewiesen. Ehebedingte Nachteile lägen nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts schon deswegen fern, weil die Ehe kinderlos geblieben ist, und die Ehefrau bei Zustellung des Scheidungsantrages trotz der relativ langen Ehe erst 42 Jahre alt und wieder vollschichtig erwerbstätig war. Soweit sie während der Ehezeit ihren eigenen Vater gepflegt habe, sei dies auf ihre familiäre Bindung und nicht auf die Ehe zurückzuführen. Der Ehefrau sei es deswegen zumutbar, nach einer Übergangszeit auf den Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den sie aus ihren eigenen Einkünften erreichen könne.
Eingestellt am 31.10.2007 von Anwaltunion Fachanwälte e.V. (AuF) - Fachbereich Familienrecht - , letzte Änderung: 05.11.2007
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